Persönlichkeitsstörungen - Krankheitsbilder
Die Persönlichkeitsstörungen werden in drei Hauptgruppen unterteilt. Die Hauptgruppe A umfasst unter den Stichworten „sonderbar, exzentrisch“ die paranoiden und schizoiden Persönlichkeitsstörungen. Die Hauptgruppe B fasst unter den Stichworten „dramatisch, emotional, launisch“ die histrionische, narzisstische, dissoziale und die Borderline-Persönlichkeitsstörung zusammen. In der Hauptgruppe C finden sich Persönlichkeitsstörungen, die Verhaltensmerkmale aus dem Bereich der Angststörungen aufweisen. Stichworte sind „selbstunsichere, abhängige und zwanghafte“ Persönlichkeitsstörung.
Paranoide Persönlichkeitsstörung
Menschen mit paranoider Persönlichkeitsstörung sind misstrauisch, abwartend und immer darauf gefasst, von anderen angegriffen oder verletzt zu werden. Auf Kritik reagieren sie überempfindlich und zeigen übertriebene und unangemessene Reaktionen in Konflikten oder Streitigkeiten. Fühlen sie sich benachteiligt oder angegriffen, gehen paranoide Persönlichkeiten zum Gegenangriff über. Gleichzeitig können diese Menschen Situationen gut analysieren und haben einen scharfsinnigen Verstand.
Die paranoide Persönlichkeitsstörung ist selten (1% der Bevölkerung). Sie muss von wahnhaften Störungen mit Verfolgungswahn abgegrenzt werden.
Schizoide Persönlichkeitsstörung
Die schizoide Persönlichkeitsstörung ist selten – sie tritt bei 1% der Allgemeinbevölkerung auf. Schizoide Persönlichkeiten wirken distanziert, gleichgültig, gefühlsarm oder desinteressiert an anderen. Sie leben zurück gezogen und haben wenige Kontakte zu anderen Menschen. Sie sind typische Einzelgänger, die jedoch nicht unter ihrer Kontaktarmut leiden. Auf Umgebungsreize regieren sie wenig emotional. Zur Belastung wird die schizoide Persönlichkeitsstörung für die Betroffenen erst, wenn die Beziehung zu einem Partner unter der Distanziertheit und geringen Emotionalität leidet. Eine Therapie machen die Betroffenen nur dann, wenn die Störung nur relativ leicht ausgeprägt ist. In schwerer Ausprägung besteht kein Wunsch nach einer partnerschaftlichen Beziehung. Die Differentialdiagnose gegenüber Autismus-Spektrum-Störungen ist oft schwierig.
Histrionische Persönlichkeitsstörung
Die histrionische Persönlichkeitsstörung tritt mit einer Häufigkeit von etwa 2% in der Allgemeinbevölkerung auf. Betroffene Menschen sind stark auf äußere Zuwendung und Aufmerksamkeit angewiesen und suchen ständig die Anerkennung von anderen. Sie sind oft extrovertiert, haben darstellerische Fähigkeiten, sind lebenslustig und können andere mitreißen. Obwohl diese Menschen oft einen großen Freundeskreis haben und in ihrem Leben viel passiert, kennen sie Phasen der Einsamkeit, Unzufriedenheit und inneren Leere mit nagenden Selbstzweifeln. Meist kommen diese Menschen nicht aufgrund ihrer Persönlichkeitsauffälligkeiten in Therapie, sondern weil sie nach einer Trennung oder wegen anderer Schwierigkeiten eine depressive Verstimmung haben.
Narzisstische Persönlichkeitsstörung
Narzisstische Persönlichkeiten wirken oft anspruchsvoll, arrogant oder überheblich. Nach außen hin geben sie sich sehr selbstbewusst, sind aber gleichzeitig sehr empfindsam, verletzlich und können nur schwer mit Kritik umgehen. Zugrunde liegt ein eher schwaches und vor allem brüchiges Selbstwertgefühl, dass durch die Inszenierung einer großartigen Fassade versteckt werden soll.
Erste Probleme gibt es oft schon in jungen Jahren im Arbeitsumfeld, da narzisstische Menschen ihrem Anspruch nicht gerecht werden und von Versagensängsten, beispielsweise vor Prüfungen, geplagt werden. Im späteren Leben fallen sie nicht selten durch Arbeitsstörungen auf und bleiben hinter ihrem eigenen Anspruch und auch eigenen Fähigkeiten zurück. Die Menschen können in existenzielle Krisen mit großer innerer Verzweiflung geraten, was bis zum Suizid führen kann. Die narzisstische Persönlichkeit weist mit 14% die höchste Suizidrate auf.
Emotional instabile Persönlichkeitsstörung (Borderline-Typus)
Die "Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme" (ICD-10; "International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems") unterscheidet zwei Erscheinungsformen der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung: einen impulsiven Typus, der durch emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle gekennzeichnet ist und einen Borderline-Typus. Der Borderline-Typus umfasst die Kriterien des impulsiven Typus und zusätzlich weitere Merkmale. Daher wird im Folgenden nur die Borderline-Störung besprochen, weil alle Aspekte der emotional instabilen Persönlichkeit enthalten sind.
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist ein schweres psychiatrisches Krankheitsbild. Insgesamt leiden etwa 3% der Allgemeinbevölkerung an der Krankheit. Die Betroffenen erleben sich als Opfer ihrer heftigen Stimmungen und neigen zu selbstschädigendem, manchmal auch fremdaggressivem Verhalten. Sie wirken sehr launisch und reagieren sensibel auf Zurückweisung. Die Betroffenen beschreiben, dass sie sich „fremd“ vorkommen, sich nicht mit sich selbst identifizieren können
Weitere ausführliche Informationen finden Sie im Artikel zur Borderline-Störung.
Dissoziale Persönlichkeitsstörung
Die dissoziale oder antisoziale Persönlichkeitsstörung ist geprägt von einer Neigung zu aggressivem Verhalten und zu Gewalttätigkeit. Betroffene Menschen geraten daher häufig mit dem Gesetz in Konflikt, weil sie soziale Normen missachten und verantwortungslos handeln. Dissoziale Persönlichkeiten sind schnell reizbar, impulsiv, haben eine geringe Frustrationstoleranz und eine Teilgruppe der Betroffenen hat kein Einfühlungsvermögen. Langfristige Konsequenzen einer Handlung oder mögliche Alternativen werden scheinbar nicht bedacht. Alltägliche Routine im Beruf oder in der Partnerschaft führt bei Betroffenen schnell zur Langeweile und zu einem Gefühl des Unbehagens. Daher suchen sie nach Aufregung, Abenteuer und Abwechslung. Im zwischenmenschlichen Bereich sind dissoziale Persönlichkeiten unzuverlässig und z.T. manipulieren und missbrauchen sie andere Menschen. Ihr eigener Vorteil steht im Vordergrund des Handelns. In der Allgemeinbevölkerung haben 3-7% der Männer und 1-2% der Frauen eine dissoziale Persönlichkeit.
Selbstunsichere Persönlichkeitsstörung
Die selbstunsichere oder ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung ist mit einer Häufigkeit von 3-5% in der Allgemeinbevölkerung verhältnismäßig verbreitet. Die betroffenen Menschen sind schüchtern, fühlen sich gehemmt und unsicher in vielen zwischenmenschlichen Situationen und isolieren sich aus Angst vor negativer Bewertung, Kritik oder Zurückweisung. Sie stehen nicht gerne im Mittelpunkt und haben Schwierigkeiten vor Menschen zu sprechen. Sie erleben sich selbst als minderwertig und meiden daher Kontakt zu anderen Menschen. Von anderen Menschen hingegen werden sie häufig als Freunde und Helfer geschätzt, weil sie oft sensibel, feinfühlig und rücksichtsvoll sind. Diese Persönlichkeitsstörung kann auch als seit der Kindheit bzw. Jugend bestehende, besonders schwere Form der Generalisierten Sozialen Phobie angesehen werden.
Ängstlich-vermeidende Persönlichkeiten sind anfällig für die Entwicklung anderer psychischer Erkrankungen. Hier sind vor allem Angststörungen (soziale Phobie), Zwangserkrankungen und Depressionen zu nennen. Oftmals ist eine solche zusätzliche Erkrankung der Grund, warum sich diese Menschen in Therapie begeben.
Dependente Persönlichkeitsstörung
Menschen mit dependenter oder abhängiger Persönlichkeitsstörung haben das Gefühl, ihr Leben nicht eigenständig führen zu können. Sie brauchen immer eine Person, die sie unterstützt und ihnen wichtige Entscheidungen abnimmt. Aus Angst, diese Bezugsperson zu verlieren, ordnen sie sich dem Partner unter und äußern eigene Gefühle oder Bedürfnisse nicht. Dieses „Klammerverhalten“ ist jedoch häufig der Auslöser für Beziehungsprobleme. Da Menschen mit dependenter Persönlichkeitsstörung anhänglich, zuverlässig, hilfsbereit und treu sind, werden sie als gute und zuverlässige Freunde geschätzt. In einem stabilen Umfeld kommen betroffene Menschen häufig lange Zeit problemlos zurecht; eine Veränderung der Lebenssituation, z.B. durch Umzug, Trennung, Tod des Partners oder andere Umstände kann jedoch zu einer psychischen Krise führen.
Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung
Zwanghafte Persönlichkeiten wirken nach außen hin oft ordentlich und korrekt. Sie sind bemüht, keine Fehler zu machen. Ihre Genauigkeit und Zuverlässigkeit wird (besonders im Beruf) sehr geschätzt, doch sie stellen ihre eigenen hohen Erwartungen auch an andere. Das führt zu zwischenmenschlichen Konflikten, da es ihnen an Leichtigkeit und Spontaneität mangelt. Aufgrund ihrer Überkorrektheit und Unfähigkeit zur Arbeitsteilung können sie vor allem im weiteren Lebensweg für Erschöpfungszustände anfällig sind.