Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Die Ärztliche Schweigepflicht

Ärztliche Schweigepflicht bedeutet, dass ein Patient sich darauf verlassen kann, dass die persönlichen Themen, die er seinem Arzt anvertraut, nicht an Dritte weitergegeben werden. Ausnahmen sind nur die Entbindung durch den Patienten selbst oder gesetzliche Vorschriften, die eine Entbindung erlauben oder sogar vorschreiben (z.B. Infektionsschutzgesetz).

Die Schweigepflicht gilt über den Tod hinaus, wenn der Arzt nach einer gewissenhaften Prüfung zum Ergebnis kommt, dass eine Offenbarung dem ausdrücklich geäußerten oder mutmaßlichen Willen des Patienten nicht entspricht. Wenn das wohlverstandene Interesse und der mutmaßliche Wille des Verstorbenen auf einen Verzicht der Geheimhaltung hinweisen, ergibt sich kein Zeugnisverweigerungsrecht aus § 383 ZPO.

Neben dem Recht auf Selbstbestimmung ergibt sich die ärztliche Schweigepflicht aus dem Behandlungsvertrag mit dem Arzt, dem Strafgesetzbuch („Verletzung von Privatgeheimnissen“), den Berufsordnungen (BO) der Landesärztekammern ((Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte), dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sowie den Datenschutzgesetzen der einzelnen Bundesländer.

Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht können für den Arzt oder das Krankenhaus straf-,  berufs- (durch die Ärztekammer) und zivilrechtliche Folgen (Schadensersatzansprüche durch den Patienten) haben. Nicht nur der Arzt, sondern auch das behandelnde Personal im Umfeld des Arztes (Arzthelferin, Krankenschwester usw.) unterliegt der Schweigepflicht. Sie gilt auch für die Ärzte, die der Betroffene per Verfügung aufsuchen musste, z.B. Betriebsarzt, Vertrauensarzt, Polizeiarzt.  

Was umfasst die ärztliche Schweigepflicht

Der Bereich, der in die ärztliche Schweigepflicht einzubeziehen ist, reicht weit:

  • Der Umstand, dass der Betroffene überhaupt bei dem Arzt in Behandlung war oder ist
  • Der Name des Patienten
  • Alle Krankendaten, die zur Patientenakte gehören
  • Alle Gedanken, Meinungen, familiären, beruflichen und finanziellen Verhältnisse, die der Patient dem Arzt anvertraut hat
  • Sogenanntes Drittgeheimnis, z.B. wenn der Patient dem Arzt über die Erkrankung eines Freundes berichtet 
  • Beobachtungen des Arztes, z.B. im Rahmen eines Hausbesuchs, Streit eines Patienten mit seinem Partner in der Praxis

Wen umfasst die ärztliche Schweigepflicht

Der behandelnde Arzt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet, wenn keine Entbindung seitens des Patienten vorliegt oder das sogenannte Güterabwägungsprinzip greift.
Sie gilt sogar gegenüber

  • ärztlichen Kollegen, bei Überweisungen zu einem anderen Arzt oder Einweisung in ein Krankenhaus wird in der Regel von einer Schweigepflichtentbindung ohne ausdrückliche Genehmigung ausgegangen. 
  • Familienangehörigen des Patienten, einschließlich des Ehemannes bzw. der Ehefrau und der Kinder
  • Eltern von Minderjährigen, sofern der Betroffene die Einsichtsreife hat, seine gesundheitliche Situation, die Schwere seiner Krankheit und die Behandlungsmöglichkeiten selbst zu beurteilen. Davon geht man allgemein ab dem 16. Lebensjahr aus.

Gegenüber gesetzlich bestimmten Betreuern bzw. Bevollmächtigten, die für medizinische Angelegenheiten vertretungsberechtigt sind, hat der Arzt keine Schweigepflicht, denn nur so kann der Betreuer die Interessen des Betroffenen wahrnehmen.

Erlaubte Übermittlung von Patientendaten

Im gesetzlichen Rahmen ist die Übermittlung von Patientendaten erlaubt, die Erfüllung von bestimmten Aufgaben steht in diesen Fällen über der ärztlichen Schweigepflicht:

  • Persönliche Daten des Patienten einschließlich Diagnose nach ICD-10 Verschlüsselung an die Kassen-ärztliche Vereinigung und die gesetzlichen Krankenkassen zur Abrechnung der vom Arzt erbrachten Leistungen sowie der Überprüfung der  Wirtschaftlichkeit des Arztes.
  • Einzelne Anfragen, soweit sie nach dem Sozialgesetzbuch (z.B. § 275 SGB V) vorgesehen sind, u.a. Bericht für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen aufgrund Erstellung eines Gutachtens, Anfrage zur Zuständigkeit einer anderen Krankenkasse oder eines sonstigen Kostenträgers (z.B. Berufsgenossenschaft, private Zusatzversicherung), Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit, Wiedereingliederungsplan
  • Persönliche Daten sowie Informationen über die Unfallbehandlung an die für den Patienten zuständige Berufsgenossenschaft, soweit diese aufgrund eines Arbeitsunfalls als Kostenträger in Frage kommt
  • Namentliche bzw. nicht namentliche Meldung an die zuständige Gesundheitsbehörde bei ansteckenden Krankheiten, vor allem Geschlechtskrankheiten nach Infektionsschutzgesetz
  • Gemäß Röntgenverordnung Unterlagen zur Prüfung durch behördliche Stellen um unnötige Strahlenbelastung zu vermeiden oder für nachbehandelnde Kollegen
  • Die Ersatzbehandlung eines Drogenabhängigen mit einem Betäubungsmittel (Methadon usw.) muss dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gemeldet werden.
  • Mündliche Information des Standesbeamten bei Geburt eines Kindes einschließlich Wohnort und Staatsangehörigkeit der Eltern

Krankenhäuser müssen ein Verzeichnis über die bei ihnen aufgenommenen Kranken führen. Zur Abwehr von Gefahren, Verfolgung von Straftaten oder Auffindung von Vermissten darf die zuständige Behörde Auskunft aus diesem Verzeichnis verlangen.
Zeitlich unbefristete und für alle Krankheiten geltende Schweigepflichtentbindungen, wie sie vor Vertragsabschluss gelegentlich private Krankenversicherungen oder Arbeitgeber einfordern, sind rechtlich unwirksam.

Abschließend  ist auch die Abwehr von Gefahr an Leben oder Gesundheit von Menschen grundsätzlich höherwertig anzusehen als die Verschwiegenheitsverpflichtung gegenüber einem Patienten (rechtfertigender Notstand).

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Fachliche Unterstützung: Dr. Jürgen Müller, Göttingen (DGPPN)